Freitag, 16. August 2013

365 Tage in Bayern { Heimatliebe

[Diesen Post wollte ich eigentlich erst bei unserer Abreise am nächsten Samstag hochladen...aber nun fahren wir bereits Mittwoch nach NRW und darum gibts den Post schon heute - denn ich muss noch viel erledigen und weiß nicht, ob ich vorher nochmal zum bloggen komme! Habt einen schönen Rest-August und bis Bald :) ]

Also, normalerweise sollte heute der 24. August sein...ein besonderer Tag für Uns.
Denn heute vor einem Jahr, sind wir in unsere neue Heimat aufgebrochen:
Bayern...Oberbayern...700 km südlich vom Münsterland, NRW.
1 Jahr ist vergangen - 12 Monate voller Auf's und Ab's.
Und genau jetzt, fahren wir in die 'alte Heimat', um unsere Liebsten zu besuchen...
Verrückte Sache. Na gut, Zeit für einen Jahresrückblick :)

Unseren Abschied in NRW, welcher mit meinem 30. Geburtstag zusammenfiel, gemeinsam mit all unsern Lieben...naja gut, wir schleppten unzählige Kisten, Kartons und Möbel in den angemieteten LKW, versuchten nörgelige Kinder bei Laune zu halten und kämpften mit Abschied und vorfreude gleichermaßen...nachdem unser Haus leer geräumt, verbrachten wir alle zusammen einen geselligen Abend in der benachbarten Eisdiele (die beste in ganz Bocholt). Es wurden viel gelacht, geredet, aber ich habe auch die 'nachdenklichen' Gesichter meiner Eltern gesehen und auch mich selber dabei erwischt, wie mein Herz mit jeder Minute schwerer wurde und ich habe mich gefragt, ob das alles, wirklich so richtig ist...

Der nächste Tag, unser letzter Tag in NRW, brach an...die Nerven lagen bloß. Alle waren gestresst...sehr anstrengend. Viel später als geplant machten wir uns endlich auf den Weg.
'Schüss Bokelt...Servus Bayern.
(Während ich mich zurückerinner, laufen tatsächlich die Tränen...)

Die Fahrt lief gut, die vier Mädchen machen die lange Autofahrt immer ganz toll mit. Nachdem unser Gastank kaputt gegangen war, mussten wir gegen 23 Uhr eine anderthalb Stündige Zwangspause einlegen...das Feenkind (gerade 5 Monate alt) war völlig drüber und wollte/musste gestillt werden. Gegen 2 Uhr in der Nacht kamen wir in unserem neuen Wohnort Dorf/Gemeinde/Ansammlung von Häusern an. Ich konnte zum ersten Mal erahnen, wo wir zukünftig leben würden...hatte ich unsere Wohnung ja zuvor nie gesehen, denn der Held war alleine bei der Besichtigung und beim Mietvertrag unterschreiben.
Wir richteten ein 'Notschlaflager' für die Kinder ein, welche sofort weiterschliefen und warteten dann noch bis um 4 Uhr auf den LKW, samt meinem Papa, meiner Schwester und ihrem Freund. Um 8 Uhr war die Nacht auch schon vorbei...erstmal Kaffee für alle, viel Kaffee und Brezen (wo kamen die denn her?). Und dann schaute ich mich um.
Ich ging alleine und sehr bedacht durch jeden einzelnen Raum...das ist also mein neues Zuhause...ich vermisste meine Mama (welche ja nicht mitgefahren war), aber ich fühlte auch Glück, Aufregung, Vorfreude. Umzug ins Glück...so sollte es sein!
Nach dem provisorischen Frühstück machten wir uns, erschöpft und lustlos, ans abladen des LKW's und der Autos...das Schlimmste an einem Umzug, auspacken, Chaos, was kommt wohin...Hilfe - ich hasse umziehen!




 [Schlafzimmer - Teeniezimmer - Küche]

Mittags aßen wir dann das letzte und erste Mal gemeinsam hier zu Mittag...wir hatten Brezen, Leberkäse, Wiener'l, Obazda, süßen Senf, etc. und verabschiedeten unseren fleißigen Helfer...Tränen flossen und nachdem die Türe geschlossen wurde, war es still.
Durchatmen, etwas weinen, durchatmen, lächeln, noch etwas weinen.
Gefühlsachterbahn pur. Nun waren wir also alleine, 700km südlich von allem Bekannten, von unseren Familien, von unserer Vergangenheit.
JETZT fing ein neues Lebenskapitel für uns an...gemeinsam!

Die Spätsommertage vergingen wie im Flug und der Held musste arbeiten, was bedeutete, dass ich mit den Mädchen alleine war...10 Stunden pro Tag in einer völlig fremden Umgebung. Die Wochenende gehörten dafür uns und wir besichtigten Landshut, Freising, München, Dachau...die Gegend ist der Wahnsinn, kannten wir bisher doch nur den Pott, das Münsterland und Holland (gerade vermisse ich das alles so sehr!). Wir verbrachten Zeit in unserem (ersten) Garten, kauften Schaukeln und Gartenspielzeug und richteten uns täglich mehr ein, bis wir uns in unserem neuen Zuhause wohlfühlten.

Im Oktober kamen dann meine Eltern zu Besuch und meine Mama sah das erste Mal, wie und wo wir nun wohnten (sie war vorher noch nie in Bayern)...prompt fing es an zu schneien. Schnee...im Oktober, ha, verrückt :) Die Tage vergingen zu schnell und sie flogen zurück nach Hause....welches nicht mehr unser Zuhause war!

Der Winter fing früh an und dauerte (gefühlt) ewig. In meinen ganzen 30 Jahren zuvor, habe ich nie so viel und so lange Schnee gesehen, wie in unserem ersten Winter hier in Bayern. Wir gingen oft rodeln, spazieren, Schneeballschlacht machen


 [Die Motti und ich beim rodeln - Winter Vormittag, 10 Uhr]

...aber Ende Januar war dann die Stimmung auf dem Nullpunkt. Der Schnee schien täglich mehr zu werden, Sonne hatten wir wochenlang nicht, es war nur noch grau und dunkel und kalt.
So wie meine Gedanken und Gemütslage...
Mit jedem weiteren Tag, wurde ich trauriger und mein Heimweh größer. Ich wollte nach Hause, in mein richtiges zuhause, zu meiner Mama und meinem Papa. Zurück in mein altes Leben, meine alte, gewohnte Umgebung. Mein Herz bekam Risse, die schmerzten...ich weinte viel, den ganzen Tag eigentlich. Mir ging es nicht gut...

Im Februar hielt ich dann den positiven Schwangerschaftstest in meinen Händen...Bo hatte den Weg zu uns gefunden. Glück keimte in mir auf, Hoffnung.

 [positiv am 5. Februar 2013]

Tatsächlich wurde das Heimweh aber noch schlimmer und als wir Ostern in der alten Heimat waren, kam der Zusammenbruch. Die Tage vergingen viel zu schnell und bereits 2 Nächte vor Abreise, weinte ich in den Armen des Helden....ich wollte nicht zurückfahren, hier gehörte ich hin. Hier, bei unseren Familien, in meiner gewohnten Umgebung.
Tag der Abreise...ich weinte bitterlich, ich bettelte meine Eltern an, damit ich bleiben könnte....ich weinte noch in Köln (120km entfernt). Dann verebbten die Tränen, ich wurde blass und still, kämpfte mit Übelkeit...gedanklich flehte ich den Helden an, umzudrehen...Als wir in unserer Wohnung ankamen, verkroch ich mich und weinte.
Die nächsten Wochen/Monate waren schlimm. Jeder Tag war grau und schwer zu ertragen. Statt das Beste draus zu machen, lebte ich in der Erinnerung...in meiner Vergangenheit. Warum haben wir das gemacht? Wir wollte doch eigentlich nach Essen ziehen, warum haben wir uns für Bayern entschieden!?

Im Juni wurde es besser...die Sonne schien häufiger, wir unternahmen viel und ich habe mich mit einer Freundin getroffen (DANKE ♥), welche mir so sehr gefehlt hat!
Ich lernte meine Hebamme kennen, plante die Hausgeburt für Bo, den Geburtstag für die Motti, den Kindergartenstart...es wurde besser. Ich verstand wieder, warum ich mich in diese Gegend verliebt hatte, fand meine Freude am Leben (in Bayern) wieder.



[Gänseblümchen vom Feenkind - Ich am Tegernsee - Laura's Kommunion]

Ich dachte viel nach....was vermisste ich wirklich!?
Ich komme einfach mit dieser Gemeinde hier nicht zurecht. Hier gibt es nichts und ich fühle mich (mit den Kindern, vor allem den beiden Kleinen) völlig vom Leben isoliert. Ich habe zu Niemanden im Dorf Kontakt (und will es auch nicht), man kann nichts unternehmen, wenn man spazieren geht hat man in 20min alles gesehen. Ich ertrage es hier nicht...diese Spießigkeit: Anfang 20 heiratet man seine Jugendliebe, baut ein Haus, bekommt 1,2,3 Kinderchen...ja und dann!? Dann mäht man Samstags den Rasen (oh, der Nachbar hat das schon gemacht), wäscht sein Auto per Hand (ha, soll der Nachbar mal sehen, wie toll mein Auto ist) oder geht zum Frühschoppen (nur die Männer, die Frauen bereiten schließlich das Essen vor). Mir wird davon kotzübel.

Ich brauche Leben, um zu leben! Ich will Leben leben!

Ich muss hier weg, ich gehöre hier nicht hin...wir sind ja sowieso immer 'die Neuen' mit den vier Kindern und das Fünfte ist schon unterwegs (da fragen sich die nachbarn, ob wir religiös sind...HALLO?). Der Held und ich kommen beide aus der Stadt, keine Großstadt (das wäre nämlich auch nichts für mich), aber aus einer Mittelgroßenstadt (72.000 Einwohner) und wir gehen hier buchstäblich ein. Der Unterschied ist, dass der Held arbeiten ist und jeden tag andere Menschen sieht und mit ihnen spricht, während ich hier rumdümpel und manchmal eine ganze Woche lang, mit niemanden erwachsenem außer dem Helden, spreche, Das frustriert, deprimiert...ist nicht gut!
Wir wollen/würden/werden umziehen (erwähnte ich, dass ich umziehen hasse)...unsere Lieblingsstadt ist definitiv Landshut (27km entfernt von uns) und darum ist das unser Ziel, sobald sich die Möglichkeit ergibt. Das ist der Silberstreif, der mich hier rettet. Jeden Tag denke ich daran, denke daran, dass das hier nur begrenzt ist und es hilft mir...wenn ich auch lieber heute direkt umziehen würde, aber ich hoffe es klappt überhaupt. Denn eine große Wohnung (mindestens 5 Zimmer) oder Haus, welche(s) auch noch bezahlbar ist, ist mehr als schwer zu finden - aber wir geben nicht auf, dazu haben wir schon zuviel erlebt!

 [ ♥ Stadt: Landshut]

Was ist denn nun mein Fazit, nach einem Jahr Bayern ohne Zurück??
Hmmm...dieses schlimme Heimwehgefühl ist weg (zum Glück!), ich möchte hier bleiben und in Landshut leben. Ich möchte, dass meine Kinder hier aufwachsen (und Bo als bayerische Bub geboren wird), dass der Liebste seinen Job behält und weiterhin Spaß daran hat. Ich fühle mich hier wohl, denn das ist meine neue Heimat.
30 jahre NRW kann man natürlich nicht mit 1 Jahr Bayern auf eine Stufe setzen, aber dass muss ich auch nicht. Ich liebe NRW, liebe meine Vergangenheit und mein Leben, welches ich dort hatte, aber seit einem Jahr, habe ich eben ein neues Buch begonnen:
Meine Gegenwart und meine Zukunft in Bayern ♥

Ich möchte mich hier verwurzeln, dazugehören, Heimatliebe weiter ausbauen.
Ich möchte endlich Freunde finden, rauskommen, leben.
Ich möchte eigentlich etwas ganz einfaches.
Glücklich sein.
Und ich weiß, ich bin auf dem richtigen Weg dorthin...

Danke Bayern, für alles, was du mir jeden Tag gibst.
Danke NRW, für all die Erinnerungen...es war schön mit dir. Wir sehen uns wieder!


4 Kommentare:

  1. Hallo Zitronenmädchen :-)
    Da der Link auf meinem Blog nicht funktionierte, weiß ich nicht, ob du es bist, die so einen lieben Kommentar bei mir hinterlassen hat? Falls ja, vielen Dank dafür!
    Und was für ein Zufall, dass wir beide zwei Oktober-Buben bekommen :-) Hier komme ich bestimmt noch öfter vorbei!
    Liebe Grüße!

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  2. So ein Umzug ins Ausland, in eine vollkommen andere Kultur ist schon heftig, vor allem mit 4 Kinden. Ich bin nie weiter als 3 km von meinem Elternhaus weg gezogen und verstehe trotzdem, was Du mit der Isolation meinst, denn ich sitze den ganzen Tag im HomeOffice. Dort bin ich mit Abstand am produktivsten, aber trotzdem froh, Zoe jeden Morgen in den Kiga zu bringen und alle paar Monate mal ins Büro fahren "zu dürfen", um andere Leute zu treffen.
    Pass auf, das Du nicht in eine echte Depri abrutscht (und hol Dir ggf. rechtzeitig professionelle Hilfe, soweit das mit den Kindern geht).

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  3. Hallo :) Bin eben auf Deinen Blog gestoßen. Ich kenne diese Gefühle und konnte beim Lesen so nachempfinden. Ich wünsche Euch einen guten Anschluss und schönes Einleben! Und ich bewundere Dich für vier Kinder und einem 5. im Bauch! Wir haben drei Kinder und ich bilde mir auch immer wieder ein, dass die Leute das nicht so toll finden. Horizont und so. Bei manchen ist er nicht so weit :) Man muss sein Ding machen ohne was drauf zu geben, was andere davon halten (so lang man niemand anderem schadet natürlich).

    Liebe Grüße aus Wien, Isabella

    www.schnur-straks.blogspot.com

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  4. Ohje du Arme!!
    (Ich habe selbst fast geheult, als ich deinen Eintrag gelesen habe.)
    So ein Abschied ist fürchterlich, ich habe vor 10 Tagen meinen Freund für 6 Monate nach Schweden ziehen lassen müssen... Aber wie du es so schön schreibst: Es gibt immer etwas und immer jemanden, der einen auffängt und auf andere Gedanken bringt.
    Es lohnt sich, durchzuhalten.
    Herzlichst,
    Stefanie

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